Der BGH stellte klar, dass die Kooperationsfähigkeit der Eltern zwar ein wichtiger Faktor ist, aber nicht zwingend als Ausschlusskriterium für die Anordnung eines Wechselmodells gelten darf.
Ein bedeutender Wendepunkt in der Rechtsprechung war die Entscheidung des BGH im Jahr 2017. Der BGH stellte klar, dass das paritätische Wechselmodell auch gegen den Willen eines Elternteils angeordnet werden kann, wenn dies dem Kindeswohl am besten entspricht. Der BGH begründete dies mit dem Grundsatz, dass die Elternverantwortung gleichermaßen beiden Elternteilen obliegt und das Familiengericht das Modell anordnen darf, wenn es für das Wohl des Kindes die beste Lösung darstellt.
Kriterien für die Anordnung des Wechselmodells
Nach der BGH-Entscheidung wurden verschiedene Kriterien herausgearbeitet, die Gerichte bei der Prüfung eines Wechselmodells berücksichtigen:
– Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit der Eltern
– Bindungen des Kindes zu beiden Elternteilen
– Räumliche Nähe der Haushalte der Eltern
– Entwicklungsstand und individuelle Bedürfnisse des Kindes
– Kindeswille (abhängig vom Alter und der Reife des Kindes)
In den Folgejahren haben zahlreiche Oberlandesgerichte (OLG) die Grundsätze des BGH aufgegriffen und konkretisiert.
OLG Dresden (Beschluss vom 01.03.2019 – 7 UF 226/18)
Hier stellte das Gericht fest, dass auch bei hochkonfliktbehafteten Eltern das Wechselmodell dem Kindeswohl entsprechen kann, wenn zu erwarten ist, dass das Wechselmodell die Belastung des Kindes durch den Elternkonflikt nicht verstärkt.
OLG Frankfurt (Beschluss vom 26.10.2021 – 6 UF 147/21)
Das Gericht betonte, dass für die Anordnung eines Wechselmodells hinreichende Erziehungskompetenzen beider Eltern, sichere Bindungen des Kindes und eine klare Entwicklungsförderung erforderlich sind.
BGH (Beschluss vom 27.11.2019 – XII ZB 512/18)
Der BGH stellte klar, dass die Kooperationsfähigkeit der Eltern zwar ein wichtiger Faktor ist, aber nicht zwingend als Ausschlusskriterium für die Anordnung eines Wechselmodells gelten darf.
OLG Dresden (Beschluss vom 22.06.2021)
Das Gericht entschied zugunsten eines Wechselmodells, da das Kind ausdrücklich den Wunsch nach Gleichbehandlung der Eltern äußerte und das Modell zur seelischen Entlastung des Kindes beitrug.
BGH (Beschluss vom 01.02.2017 – XII ZB 601/15)
Der BGH betonte, dass das Wechselmodell nicht zwingend der Zustimmung beider Eltern bedarf und dem Kindeswohl dienen kann, wenn es das beste Betreuungsmodell darstellt.
Rechtliche Grundlagen
Die gesetzliche Grundlage für das Wechselmodell findet sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), insbesondere in den §§ 1626, 1671 BGB.
§ 1626 BGB regelt das Recht und die Pflicht der Eltern zur gemeinsamen Sorge und die Verpflichtung, das Wohl des Kindes zu fördern.
§ 1671 BGB ermöglicht es dem Familiengericht, auf Antrag eines Elternteils eine Regelung zur elterlichen Sorge zu treffen, wenn dies dem Kindeswohl dient.
Herausforderungen:
• Hohe Anforderungen an die Eltern: Das Modell erfordert ein hohes Maß an Kommunikation und Kooperation.
• Logistischer Aufwand: Räumliche Nähe und abgestimmte Zeitpläne sind essenziell.
• Belastung des Kindes: Für manche Kinder kann der ständige Wechsel zwischen zwei Haushalten stressig sein.